Alkoholismus

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DK, 15.Juni 2012
Schüler greifen immer häufiger zum Alkohol
 
 
Mit einer Ausstellung zum Jugendalkoholismus beleuchten Siebtklässler der Schule an der Ellerbäke die Folgen des regelmäßigen Konsums. Auch eigene Erfahrungen werden eingebracht. Fatal: Die ,,Kulturdroge" ist längst gesellschaftsfähig. VON THORSTEN KONKEL
 

,,Flaschenkunde" in der Schule an der Ellerbäke: Schüler der Realschulklasse 7b informieren sich anlässlich der von ihnen gestalteten Ausstellung über Jugendalkoholismus darüber, wie viel Prozent Alkohol in den Getränken steckt. FOTO : THORSTEN KONKEL
 
 
BOOKHOLZBERG. ,,Klar, auf dem Reitturnier wird doch schon mal ein Bier getrunken", räumt die 14 jährige Realschülerin ein, ,,Das ist beim Handball aber auch so",t ruft ihr Klassenkamerad dazwischen. ,,Ich hatte sogar schon einen Vollrausch vom Trinken", gesteht eine weitere Siebtklässlerin in der Schule an der Ellerbäke in Bookholzberg. ,,In der heutigen jugendlichen Generation gibt es das Massenphänomen Alkohol, es ist nicht nur auf unsere Schule. begrenzt", erklärte Doris Janssen- Wossack, Deutschlehrerin und Initiatorin der Ausstellung ,,Jugendalkoholismus", gestern anlässlich der Präsentation.
 
Mit Collagen und Umfragen hatten die Schüler der 7b des Realschulzweiges zwei Wochen lang die Schattenseiten des gefährlichen Rauschtrinkens behandelt. Grundlage war das Buch ,,Hau ab, du Flasche", in dem das Schicksal eines trinkenden Schülers beleuchtet wird.
 
,,Ob auf dem Geburtstag oder der Party, gerade jetzt zu Beginn ihrer Pubertät kommen die 13- bis 14-Jährigen mit Alkohol in Berührung", sagte Doris Janssen-Wossack.
 
Die von ihrer Klasse unter den Schülern an der Ellerbäke ermittelten Zahlen sprechen eine noch deutlichere Sprache: Die Mehrzahl der befragten Achtklässler hat bereits Erfahrungen mit Alkohol gesammelt, zwölf von ihnen trinken mindestens einmal pro Woche. Alarmierend: 13 Schüler hatten schon einen ,,Filmriss". Auch in den Jahrgängen neun und zehn wird häufig getrunken.
 
„Alkohol ist leider längst zu einer akzeptierten ,Kulturdroge' geworden", sagt Doris Janssen-Wossack. Ob auf dem Schützenfest, der Familienfeier oder anderswo: ,,Wenn Sie zur Flasche greifen, ist das völlig legitim, würde aber jemand einen Joint rauchen, wäre das ein Skandal", beschreibt die Pädagogin das vorgelebte Verhalten, das dauerhaft Grenzen zu verschieben scheint: ,,Ich finde, so ein Vollrausch sollte ruhig einmal sein, dann weiß man, welche Alkoholmengen man nicht verträgt", sagte ein Mädchen.
 
 
FRÜHER EINSTIEG
 
Die Tendenz, immer früher mit dem Trinken anzufangen, ist ungebrochen: ,,Das Einstiegsalter ist in den letzten Jahren auf14,5 Jahre gesunken", sagt der Kölner Suchtforscher Prof. Michael Klein. Das „Komasaufen" sei keiner sozialen Schicht zuzuordnen: ,,Das kommt bei Bessergestellten ebenso vor wie bei sozial schwachen Jugendlichen." konk
 
 
 
NWZ, 15.Juni 2012
 
7b bringt Suchtprobleme auf Stellwände
 
SCHULE Ausstellung über Jugendalkoholismus - Anonymisierte Umfrage - Teils schockierende Bilder Siebtklässler der Schule an der Ellerbäke organisierten eine Ausstellung zum Thema ,,Jugendalkoholismus". Sie befragten dafür Schüler nach deren Trinkgewohnheiten.  VON KARSTEN KOLLOGE
 

Teils sei unter Jugendlichen kaum bekannt, wie viel Alkohol in welchem Produkt steckt, berichteten die Schüler. Deshalb widmet sich ein Teil der Ausstellung der 7b den Volumenprozenten. BILD: KARSTEN KOLLOGE
 
 
BOOKHOLZBERG — Die Gegensätze sind krass, und das sollen sie auch sein. Hier Fotos von fröhlichen Jugendlichen beim Feiern - da Bilder von jungen Alkoholopfern, die wie tot und in unnatürlichen Verrenkungen neben der Toilette oder am Straßenrand liegen. ,,Jugendalkoholismus" heißt das Thema einer Ausstellung, die zurzeit in der Schule An der Ellerbäke läuft. Siebtklässler zeigen darin, welche Rolle Alkohol für Jugendliche spielt - auch an der Schule in Bookholzberg.
 
Einen konkreten Anlass für die Ausstellung gebe es nicht, sagte Doris Janssen-Wossack, Deutschlehrerin der 7b. Vorfälle allerdings habe es durchaus schon gegeben, mit teils alarmierenden Hintergründen.
 
Die 7b hatte das Thema von mehreren Seiten her beleuchtet. Erst einmal las sie ,,Hau ab, du Flasche!", einen Roman von Ann Ladiges um einen alkoholabhängigen Jugendlichen.
 
Danach wurden Informationen für die Ausstellung zusammengetragen: Da wurden die Flaschen verschiedener Alkoholika gesammelt, um die unterschiedlichen Prozentgehalte zu verdeutlichen, da wurden die Wirkungen des Alkohols als Droge beleuchtet und da wurden die 8., 9. Und 10. Klassen zu ihren Erfahrungen und ihren Trinkgewohnheiten befragt.
 
,,Ich war überrascht, wie offen da einiges zugegeben wurde", berichtete Marc, 14. Allerdings habe man die Umfrage anonymisiert durchgeführt, stellte Ayleen, 13, klar. Die Siebtklässler fragten die älteren Schüler zum Beispiel, ob und wenn ja was sie trinken, wie viel, wie häufig, ob sie schon betrunken am Straßenverkehr teilgenommen haben. Dabei zeigte sich, dass auch in den 8. Klassen schon viele Schüler nach eigener Einschätzung ,,häufig" trinken (Mädchen: 26 %, Jungen 20%; Vergleich 10. Klassen: Mädchen 63%, Jungen 76%). Auch zeigte sich, dass auffällig viele Schüler zum hochprozentigen Wodka greifen.
 
Ein anderes Ergebnis: Insbesondere bei älteren Jungen ist der Anteil derer, die schon einen Filmriss hatten, hoch (8. Klassen: Mädchen 28%, Jungen 5 %; 10. Klassen: Mädchen 37%, Jungen 57%). Letzteres hänge wohl auch mit Gruppenzwängen zusammen, vermutet Doris Janssen-Wossack. Unter Jungen gelte das Trinken oft als Zeichen von Stärke. Bei Mädchen sei das anders: Da sei diejenige, die trinkt, eher als Schlampe verschrien.
 
Ob denn die Ausstellung etwas bewirkt? ,,Vielleicht bei dem einen oder anderen", hofft die Lehrerin. Vielleicht überlege sich manch einer auch, statt hochprozentigen Alkohols eher einen Wein zu trinken. Denkbar sei auch, dass die teils schockierenden Bilder Wirkung zeigen: „Vielleicht stößt das einige ab."